Ni Bombo fragt mich: „Lith-Entwicklung, was genau ist das, was sind die Besonderheiten und worin liegt der Unterschied zur normalen Entwicklung.“
Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll und muss aufpassen, dass dieser Beitrag kein ellenlanger Monolog wird. Lith-Entwicklung, Bildungsbürger reden auch vom Lith-Printing oder Lith-Verfahren, ist ein fotochemisches Entwicklungsverfahren, das ausschließlich auf Hydrochinon basiert. Zur Erklärung: Entwickler bestehen in der Regel aus einer Kombination von zwei oder mehr Entwicklersubstanzen wie eben Hydrochinon, Pyrogallol, Brenzcatechin, Metol, Phenidon usw.. Durch das Kombinieren wird ein Effekt, die Superadditivität ausgenutzt. Vereinfacht ausgedrückt ergänzen sich die Eigenschaften der Entwicklersubstanzen und beschleunigen den Entwicklungsprozess. Es muss ja alles ganz schnell gehen.
Beim Lith-Verfahren muss die Sache Hydrochinon alleine stemmen. Die Besonderheit liegt in der Eigenschaft von Hydrochinon. Durch eine Redoxreaktion entsteht beinahe lawinenartig dichtes metallisches Silber, auch „infektiöse Entwicklung“ genannt. Lith-Prints zeichnen sich durch kräftige Tiefen, teils körnig ausgeprägt aus. Der Lith-Print lässt sich durch drei Parameter steuern: Das Verhältnis Hydrochinon zu Pottasche, Länge der Belichtung und Entwicklerkonzentration der Arbeitslösung. Alle Parameter hängen natürlich unmittelbar zusammen und eine Änderung zieht entsprechende Konsequenzen nach sich. Pauschal lässt sich sagen: Lith-Prints mit hohem Kontrast und wenig Farbigkeit werden „normal“ belichtet und die Arbeitslösung ist höher konzentriert. Für viel Farbigkeit und Details muss die Belichtung um ein paar Lichtwerte verlängert und die Arbeitslösung stärker verdünnt sein.
Nicht alle Fotofilme und Fotopapier eignen sich zum Lith-Printing. Meist enthalten sie entwicklungsfördernde Zugaben, was jedoch zur superadditiven Entwicklung und nicht zur „Infektiöse Entwicklung“ führt. Man kann davon ausgehen, dass 90% und mehr aller aktuellen Fotopapiere nicht für die Lith-Entwicklung geeignet sind. Die wenigen Fotopapier, die lithfähig sind (meist Warmton-Fotopapiere), werben mit der Lithfähigkeit. Es gibt Tricks, auch mit nicht lithfähigen Fotopapieren arbeiten zu können, aber danach hat Ni Bombo nicht gefragt. Ich persönlich entwickle alle überlagerten Fotopapiere (30 und mehr Jahre alt) im Lith-Verfahren.
Lith? Litho, Lithografie – Im weitesten Sinne geht es um den Steindruck. Um Tonwertabstufungen zu erzielen, bedient man sich des Raster. Je dichter das Raster ist, umso mehr geht der Tonwert in Sättigung. Vergrößert sich der Abstand des Rasters, dominiert der Tonwert des bedruckten Materials. Die Lithografie kennt also nur zwei Tonwerte, im Fall eines Schwarzweissdrucks Schwarz für das Raster und Weiß für das Papier. Die Grautöne dazwischen werden allein durch die Dichte des Rasters und dem Betrachtungsabstand zum fertigen Druck bestimmt.
Es war hier und da von Farbigkeit die Rede. Dabei geht es nicht um den Warmton oder so. Vielmehr wird vor allem in den Lichtern und hellen Mitten metallisches Silber in eine Silberverbindung überführt, die zur Farbigkeit des Abzugs führt. Diese Farbigkeit ist von der Emulsion des Fotopapiers abhängig. Ein Lith-Print kann wie jeder andere Abzug auch getont werden, was natürlich die Farbigkeit ändert. Lithen ist nichts für Ungeduldige. Ein Abzug kostet Zeit (gerne 15 bis 30 Minuten) und Geduld, gerade am Anfang. Die Lith-Entwicklung kann durch das Erwärmen der Arbeitslösung (30 … 40 °C) beschleunigt werden. Die Abzüge werden tendenziell härter. Viel wichtiger ist: Währenddessen gut lüften und wegen ausgasendem Formaldehyd eine Atemschutzmaske mit entsprechenden Aktivkohle-Filter tragen.