Abschied vor einem Jahr

Heute muss ich Abschied nehmen. Es ist zum Glück kein Abschied für immer … diese Abschiede finde ich grausam. Nein, wir werden uns wieder sehen und darauf freue ich mich schon. Trotzdem bin ich traurig, warst du ein Halt für mich auf Arbeit, einer der wenigen, die ich habe. Ich kann es mehr als gut nachvollziehen warum du diesen Schritt gehst, geht es mir oft doch genau wie dir. Sechs Jahre kennen wir uns und waren wir für einander da und haben uns gegenseitig zugehört, einander geholfen und Mut zugesprochen. Das wird mir alles sehr fehlen. Nun jedoch brauchst du noch mehr Mut als vorher, denn erstmal wird es schwer für dich, aber du wirst das schaffen. Wenn es jemand schafft, dann du. Wir beide wissen, dass es für dich die richtige Entscheidung war, aus mehreren Gründen, teils sind es auch meine Gründe, ich muss jedoch am Mut arbeiten und einige anderen Dingen.
Ich werde dich vermissen, deine fröhliche und positive Art und deine offene Art an neue Dinge heranzutreten, deine Ehrlichkeit, unsere gemeinsamen lustigen Momente, unsere Mittagessen und vieles vieles mehr.
Ich bin dir sehr dankbar für alles und wünsche dir alles Liebe und Gute und freue mich jetzt schon auf unser Wiedersehen und was du zu erzählen hast. Und ich hoffe, dass dieser neue Weg dich glücklich machen wird und erfüllender sein wird.
Machs gut, wir sehen uns!

Du gehörst zu den wenigen, die mich verstanden haben als ich mit dem Klecksen angefangen hatte. Dies ist dein Abschiedsgeschenk, obwohl ich es eher als Glücksbringer für deinen Neustart sehe:

Neustart

Fast jeden Tag …

… fast jeden Tag, wenn ich von der Arbeit nach Hause fuhr, sah ich dich, wie du traurig am Fenster des Altenheims sitzt und die Menschen und den Straßenverkehr beobachtest. Auch wenn ich dich nicht kannte, ging es mir nahe und tut es auch immer noch. Anfangs hattest du mich nicht bemerkt, hattest einen leeren Blick gehabt, aber dennoch alles beobachtet. Irgendwann hattest du mitbekommen, dass ich jeden Tag im gleichen Zeitraum bei dir vorbei fuhr. Immer mehr hattest du mich registriert und wahrgenommen, genau wie ich dich. Ab einem gewissen Punkt war ein kleines Lächeln bei dir zu sehen und es freut mich, dass du mein Lächeln erwidert hast. Das Lächeln wurde mehr und irgendwann habe ich dir zugewunken. Deine Antwort – dein Strahlen – trieb mir Tränen in die Augen. Es ist immer wieder schön zu sehen, was kleine Gesten für eine Wirkung haben. Hätte ich es mal eher getan, aber wir mussten uns ja auch erstmal kennen lernen – leider aus der Entfernung. Inzwischen waren wir schon fast eingespielt. Vom Weiten habe ich gesehen, dass du die Straße heruntergeschaut hast, in die Richtung aus der ich komme und ich habe dir schon mal zugewunken, in der Hoffnung, dass du es siehst. Als wir in richtiger Sichtweite waren hast du mir dann meist als erster zugewunken, was mich sehr berührte. Ich bin dann immer so langsam wie möglich gefahren, um dir ganz lange zurück zu winken. Es hat mich sehr traurig gemacht, dass dies meist nur ein Erlebnis von ein oder zwei Minuten war. Für dich wahrscheinlich, dein Tages-Erlebnis. Gerne hätte ich dich mal besucht, aber leider macht Corona einen Strich durch diesen Wunsch. Deine Traurigkeit zu sehen, hat mir eigentlich jedes Mal das Herz gebrochen. Niemand ist gerne alleine. Ich kann es nicht sehen, wenn jemand traurig ist, ich komme damit nicht klar. Auch wenn ich nicht mal deinen Namen kannte, habe ich dir gerne zugelächelt und gewunken, es war das Mindeste was ich tun konnte, um dich aufzumuntern.

Nun habe ich dich seit Wochen nicht gesehen … meine Vermutung ist, dass du von uns gegangen bist. Ich hoffe, dass du nicht leiden musstet, wenn dies der Fall ist. Und wenn nicht, wünsche und hoffe ich, dass du dann auch nicht leiden musst und vielleicht jemand anderen findest, der dir ein Lächeln schenkt.

Mach’s gut liebe alte Dame.